Internationaler Frauentag und Jubiläum: 100 Jahre Professorinnen
Pressemitteilung 08.03.2023
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleg*innen,
am heutigen 8. März wird in vielen Ländern der internationale Frauentag begangen. Während vielerorts Frauen entgegen der ursprünglichen Idee des Aktionstages besonders in ihrer Eigenschaft als Mütter und Ehefrauen gefeiert werden, möchten wir Sie gerne auf ein wichtiges Jubiläum im Kampf um Frauenrechte aufmerksam machen: Vor 100 Jahren fand an der Universität Hohenheim bei Stuttgart die Berufung der ersten ordentlichen Professorin Deutschlands statt. Es würde uns freuen, wenn Sie das Thema in Ihren Kanälen aufgreifen.
100 Jahre ordentliche Professorinnen: Am 10. März 1923 erhielt die Chemikerin und Botanikerin Margarete von Wrangell als erste Frau Deutschlands den Professorinnentitel mit eigenem Lehrstuhl an der Universität Hohenheim bei Stuttgart. Sie forschte dort an dem für sie eingerichteten Institut für Pflanzenernährung an neuen Düngemittelverfahren, um die Nahrungsmittelversorgung in Folge des ersten Weltkriegs zu verbessern. Ihr Weg zur Professur ist geprägt von Machtkämpfen, Vorurteilen und großen Persönlichkeiten. Ihre Berufung ist ein erster Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung, dessen Ziel aber auch ein Jahrhundert später bei weitem noch nicht erreicht ist: Auch heute ist nur etwa jede vierte Professur an deutschen Hochschulen mit einer Frau besetzt.
War Margarete von Wrangell 1904 noch eine von nur vier Studentinnen an der damals 1400 Studierenden starken Universität Tübingen, sind unter den Studienanfänger*innen in Deutschland mit 52% heute sogar etwas mehr Frauen als Männer vertreten. Auch unter den Promovierenden ist die Verteilung mit einem Frauenanteil von 46% fast ausgeglichen, dennoch zeichnen sich je nach Fachgebiet immer noch deutliche Unterschiede ab. Ein Blick auf diese Zahlen könnte den Eindruck vermitteln, die meisten Hürden in der Gleichstellung in den Hochschulen seien bereits überwunden. Doch richtet man den Blick auf die oberste Ebene des Wissenschaftsbetriebs trübt sich dieses Bild schnell wieder: Im Land Baden-Württemberg wurden 2021 nur 31% der Habilitationen von Frauen verfasst, bei den Professuren war nur fast jede vierte (24,1%) mit einer Frau besetzt. Dies bestätigen auch erneut die jüngst veröffentlichten Zahlen des statistischen Landesamts Baden-Württemberg: Mit nur 16,1% Anteil an Professorinnen im Wintersemester 2021/2022 besteht vor allem im MINT-Bereich eine riesige Diskrepanz bei der Besetzung von Stellen mit Frauen.
Auch ein ganzes Jahrhundert nach der Berufung der ersten Professorin sind Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen stark unterrepräsentiert, Veränderung findet weiterhin nur in mäßigem Tempo statt. Während Margarete von Wrangell durch politischen Druck und Ausnahmeregelungen zu ihrem Recht verholfen wurde, braucht es für eine breite und nachhaltige Gleichstellung grundlegende Änderungen, die strukturelle Benachteiligungen abbauen. Ansatzpunkte sind dabei die gezielte Ansprache geeigneter Bewerberinnen in Berufungsverfahren, Verbesserungen der Vereinbarkeit von Familienplanung und akademischer Karriere sowie die Förderung von vielversprechenden Wissenschaftlerinnen in ihrer Qualifizierungsphase. Heute zweifelt fast niemand mehr den ungemeinen Wert von Frauen und Mädchen in der Wissenschaft für unsere Gesellschaft an. Umso mehr ist es Zeit diese Erkenntnis auch konsequent in Baden-Württemberg in die Tat umzusetzen. Im Ländervergleich rangiert Baden-Württemberg immer noch auf einem der hintersten Plätze.
Eine Kurzbiographie von Margarete von Wrangell finden Sie hier
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